Das im 5. Stock des Grand Hôtel Wiesler umgestaltete Zimmer ist der beste Beweis dafür, dass nach dem ersten Staunen sofort Nachdenken einsetzt. Und die Auseinandersetzung mit einem aktuell hochbrisanten Thema: So zeigt das imposante Bild über dem Hotelbetthaupt zwei feindliche Soldaten, die sich eine „Schlacht“ mit Kopfkissen und fliegenden Federn liefern. Das Spiel mit Kontrasten und die bewusste Verharmlosung des Schrecklichen unterstreicht Banksys Devise „Kunst gegen Krieg“. Ebenso wie die von internationalen Street Art-Künstlern rund um die Kuratorin Virginia Jean gestaltete Banksy-Friedenstaube im Fadenkreuz. Freihand auf eine rohe, unverputzte Wand des Wiesler-Zimmers gesprüht, verstärkt sie den Graffiti-Charakter zusätzlich. Darüber hinaus laden ein Siebdruck zweier „Grannies“, die Pullover mit Punk-Slogans stricken, Schriftzüge mit wandfüllenden Banksy-Zitaten sowie das bekannte Motiv „Balloon Girl“ zum Staunen und Interpretieren ein. Und wenn man glaubt, alles gesehen zu haben, taucht, ganz versteckt, eine Variation einer Banksy-Ratte oder -Skulptur auf. Im Gegensatz zur oft vergänglichen Graffiti-Kunst ist das Banksy-Zimmer im Grand Hôtel Wiesler aber gekommen, um zu bleiben.
Die internationale Ausstellung, die noch bis Mitte Mai im Grazer Einkaufszentrum City Park zu sehen ist, stellt den Künstler in all seinen Facetten vor. Insgesamt werden 150 Werke von Skulpturen über Wandgemälde bis hin zu Siebdrucken gezeigt – gehängt, gesprayt oder projiziert. Allein die Tatsache, dass Street Art Augen öffnet und hochaktuelle Themen anspricht, macht sie zur Kunst. Und rechtfertigt die auf puren Repliken basierende Schau, mit der die Ausstellungsmacher Banksys zeitkritische Werke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Dass einige gezeigte Werke als Original mancherorts längst zerstört oder übermalt sind, ist ein weiterer guter Grund für einen Ausstellungsbesuch.
Seit mehr als 100 Jahren ist das Grand Hôtel Wiesler mitten in Graz ein Ort der Inspiration. Die stolze Vergangenheit hält man in Ehren, vergisst aber nie darauf, sie stets mit Neuem und Einzigartigem zu „durchlüften“. Auch das neue Zimmer 500 im Banksy-Stil, das bewusst an Original-Werke in Banksys „The Walled Off Hotel“ in Betlehem anknüpft, passt perfekt in eine Hotelgeschichte, die es schon immer verstanden hat, zu überraschen.